Du läufst wie du isst... oder so ähnlich

Das Thema Ernährung ist und bleibt ein Dauerbrenner. Es gibt mittlerweile so viele verschiedene Ernährungsformen, Trends und Foodporn. Da kann man schon mal den Überblick verlieren. Aber was davon ist gut für mich? Am Ende muss jeder diese Frage für sich selbst beantworten. Denn was für den einen richtig ist, muss es für den anderen nicht zwangsläufig auch sein. Gerade im Zusammenhang mit dem Laufen muss und musste glaube ich jeder von uns seine eigenen Erfahrungen sammeln, was er wie gut verträgt. In diesem Artikel möchte ich euch an meiner Ernährung teilhaben lassen und euch erzählen wie sie sich im Laufe der letzten Jahre verändert hat...
"Wir leben nicht, um zu essen; wir essen, um zu leben."- Sokrates
Ich persönlich habe bereits sehr früh damit begonnen, mich mit meiner Ernährung auseinander zu setzen. Ich war ein recht pummeliges Kind und daher musste ich früh lernen, dass nicht jede Nahrung - auch wenn sie noch so lecker ist - gut für mich und meinen Körper ist. Seit ich elf bin lebe ich vegetarisch. Seitdem war es für mich normal mir bei allem was ich kaufe auch durchzulesen, was tatsächlich drin ist. Im Laufe der letzten Jahre sind dann immer mehr Milchprodukte von meinem Speiseplan verschwunden, weil ich gemerkt habe, dass ich vieles nicht gut vertrage und es mir ohne diese Lebensmittel besser geht. Das hatte für mich nie etwas mit bewusstem Verzicht zu tun. Ich hatte nie das Gefühl, dass mir etwas fehlt oder ich irgendetwas verpasse. Im Gegenteil: Schon lange keimte in mir der Gedanke, dass ich ein solches Überangebot, das man überall findet, gar nicht braucht. Oder besser gesagt: Ich brauche es nicht. Ganz ehrlich: Wenn ich im Restaurant die Karte studiere, bin ich froh, dass viele Dinge direkt durchs Raster fallen und meine Auswahl begrenzt ist. Ich muss nicht aus dem vollen schöpfen. Die Optionen die ich habe, reichen mir. Aber das ist wahrscheinlich einfach eine Typsache. Als ich mit dem Laufen anfing, hatte das zunächst relativ wenig Einfluss auf meine Ernährung. Ich bin ja nur kurze Strecke gelaufen und auf meine Zeit habe ich nicht geachtet. Das einzige worauf ich geachtet habe war, dass ich nicht unmittelbar vor dem Laufen keine große Portion esse. Aber das war auch eigentlich schon alles.
Laufen, essen, laufen

Je länger und intensiver mein Lauftraining wurde, desto mehr merkte ich, wie empfindlich mein Magen auf gewisse Nahrungsmittel reagieren konnte. In einem anderen Blogartikel habe ich bereits schon mal erwähnt, dass ich unter RDS (Reizdarmsyndrom) leide, das sich immer mal wieder in mehr oder weniger schlimmen Schüben äußert. Daher musste ich mein Ernährungskonzept mit den Jahren immer wieder verfeinern und anpassen. Viele Nahrungsmittel antesten und auch viele verwerfen. Das ist ein ständiger Prozess. Aber ich denke gerade dadurch ist mein Interesse am Thema Ernährung nie abgeflacht. Ich bin immer noch neugierig darauf neue Dinge zum Thema Ernährung zu lesen, von anderen zu hören, neue Lebensmittel zu testen. Meine Schwester lebt seit gut vier Jahren vegan und kocht unglaublich leckere Sachen. Ich liebe es all das zu probieren und neue Gerichte zu finden, die mir schmecken und mir gut tun. Eine völlig einseitige Ernährung wäre für mich unvorstellbar. Ich kann ehrlich gesagt nicht verstehen, dass manche Menschen sich so überhaupt nicht mit diesem Thema beschäftigen. Quasi "blind" Dinge zu sich nehmen, ohne überhaupt wirklich zu wissen, was sie da eigentlich essen und was es mit ihrem Körper macht. Das soll nicht heißen, dass ich in einer Art Askese lebe und meine Ernährung jeden Tag zu 100% gesund ist. Auch ich gönne mir eine Zimtschnecke, Pommes oder Pizza, wenn ich darauf Lust habe. Aber ich bin mir in dem Moment dann auch völlig bewusst, was ich da esse und dass es eben ein "Goodie" ist, das ich mir mal gönne, aber eben nicht jeden Tag. Am Ende ist es doch so: dein Körper ist wie ein Motor. Und er läuft nur mit dem passenden Benzin richtig gut. Und nochmal: nicht jeder Mensch verträgt alles gleich gut! Was ich an einem typischen Tag mit geplantem Training am Abend so esse und wie es sich vor Wettkämpfen oder langen Läufen verhält könnt ihr im folgenden lesen.
Ein ganz normaler tag

Ich stehe unter der Woche meist zwischen 7.15 und 7.30 Uhr auf. Gefrühstückt wird gegen 8.00 Uhr. Früher habe ich meist kalt gefrühstückt (Müsli oder ähnliches). Seit etwa einem halben Jahr esse ich morgens warmes Porridge mit Banane. Der Magen kann morgens warme Speisen oft besser verarbeiten, weil er sie dann selbst nicht mehr "auf Temperatur" bringen muss. Ich habe mittlerweile ein leckeres Porridge gefunden, das blitzschnell zubereitet ist. Ich mische meins mit Mandelmilch und stelle es für eine Minute in die Mikrowelle. Dann einmal durchrühren und nochmal eine Minute rein. Fertig! Nur noch kurz ziehen lassen (höchstens 5 Minuten), Banane dazu schnibbeln und schon kann ich es genießen. Das warme Essen tut gerade im Winter morgens nicht nur meinem Bauch, sondern auch meiner Seele gut. Die Kombi aus Banane und Porridge macht satt und hält lange vor, sodass ich bis zum Mittagessen auf der Arbeit nichts essen brauche. Ich trinke auf der Arbeit sehr viel. Ungefähr 2 Liter stilles Wasser und dazu noch mindestens eine Thermoskanne Tee. Zum Mittag esse ich meist Suppe oder Eintopf mit einem Brötchen dazu oder meine Lieblingskombi aus Avocado, Hüttenkäse, Reis und Kresse. Je nach Lust und Laune esse ich noch einen Sojajoghurt zum Nachtisch. An den Tagen an denen ich nicht trainiere, esse ich im Laufe des Nachmittags eigentlich nichts mehr. Wenn ich noch laufen gehe, esse ich gegen 16.00 Uhr nochmal einen kleinen Snack (z.B. Früchteriegel). Danach dann aber nichts mehr, weil ich gegen 19.00 Uhr meine Laufrunde starte und mich das Essen sonst belasten würde. Mit diesem Essrhythmus habe ich gute Erfahrungen gemacht. So habe ich abends genug Energie für bis zu 15 km. Weiter laufe ich unter Woche abends meistens nicht. Das wird mir sonst zu spät. Nach dem Laufen gibt es dann noch Salat oder Abendbrot. Auf jeden Fall keine riesigen Portionen mehr, da ich sonst nicht so gut schlafen kann.
In der Woche vor einem Wettkampf

Vor einem Halbmarathon oder Marathon versuche ich mich so gesund wie möglich zu ernähren. Also nicht zu viel raffinierten Zucker, nicht zu viel Weißmehl und Alkohol ist an den Tagen davor natürlich auch tabu. Ich könnte den Marathon zwar auch laufen, wenn ich diese Sachen zu mir nehmen würde, aber ich würde mich dabei weniger gut fühlen. Gerade Alkohol hat eine große Nachwirkung auf meine Laufleistung und wenn ich an einem Wettkampf teilnehme dann will ich auch Spaß dabei haben und keinen übersäuerten Magen oder abgeschlagene Muskeln, die mich aufhalten. Am Tag direkt vor dem Wettkampf steht natürlich Carboloading auf dem Plan. Meistens mit reichlich Nudeln und Tomatensoße. Also ganz klassisch und nichts ausgefallenes, was dem Magen missfallen könnte. Ich versuche nicht allzu spät ins Bett zu gehen, gerade wenn der Wettkampf früh startet.
Am Morgen vor dem Wettkampf
Der Morgen des Wettkampfs läuft bei mir mittlerweile nach einem festen Muster ab:
- Aufwachen mit Schmetterlingen im Bauch.
- Sich vornehmen mindestens 1 Brötchen mit Honig zu essen.
- Ausreichend trinken (mindestens ein großes Glas Wasser)
- Mit dem Brötchen kämpfen.
- Tief durchatmen und versuchen die Schmetterlinge zu beruhigen.
- Weiter mit dem Brötchen kämpfen und sich am Ende damit zufrieden geben, dass man die zweite Hälfte des Brötchens nicht runter bekommt.
- Anziehen.
- Feststellen, dass man noch gar nichts getrunken hat.
- Ein paar Schlucke trinken.
- Auf die Uhr schauen und merken, dass man spät dran ist.
So in etwa läuft das Ganze ab. Gegen diese gewisse Aufregung vor meinen Wettkämpfen kann ich einfach nichts tun. Das ist keine Panik, sondern eher freudige Erregung. Dann kann ich einfach nicht so viel essen. Manchmal schaffe ich dennoch das ganze Brötchen, aber dadurch, dass ich am Tag zuvor gut esse, muss ich mir auch keine Gedanken darüber machen, dass ich auf der Strecke zusammen klappen könnte.
Während dem Wettkampf

Mittlerweile weiß ich, was ich während des Laufens gut vertrage und was einfach zu konsumieren ist. Bei dem Thema kann ich nur immer wieder betonen: Jeder muss für sich selbst raus finden, was er während eines Laufs am besten verträgt. In diesem Punkt kann man keine allgemeinen Aussagen treffen. Es gibt Leute, die können während langer Läufe Chips und Kekse essen, ohne dass der Magen rebelliert. Ich würde nach dem Verzehr solcher Lebensmittel wahrscheinlich mit Magenkrämpfen in der Ecke liegen. Dass man ein Lebensmittel im normalen Alltag gut verträgt, heißt nicht automatisch, dass man es auch beim Laufen gut verträgt. Bananen zum Beispiel. Ich esse jeden Morgen eine zu meinem Müsli oder Porridge. Während des Laufens kann mir davon speiübel werden. Also testet unbedingt im Training welche Nahrung euch während des Laufs Energie liefert ohne euch zu belasten. Ich habe auf meinem Blog schon mehrfach über die Gels berichtet bei denen ich schlussendlich hängen geblieben bin:
- Dextro Energy Liquid Gel (bevorzugt in Zitrone, Orange oder Apfel)
- Aktiv3 LIQUID Energie pur (bevorzugt in Pfirsich-Maracuja)
Das ist die einzige Nahrung, die ich während meiner Wettkämpfe wirklich gut vertrage. Ich muss immer genau darauf achten wie viel ich in welchen Abständen zu mir nehmen, da mein Magen sonst schnell sauer wird und mir Probleme bereitet. Hier ein Beispiel: Für einen Halbmarathon brauche ich 2 Gels. Bis 10 km brauche ich nichts zu mir zu nehmen, außer zwischendurch etwas Wasser. Bei Kilometer 10 oder kurz danach nehme ich dann die erste Hälfte des Gels ein. Die nächste bei Kilometer 15. Das zweite Gel breche ich bei Kilometer 18 an und je nachdem wie gut oder schlecht ich drauf bin verzehre ich die andere Hälfte dann noch um Kilometer 20. Das reicht mir dann auf jeden Fall aus. Beim Marathon verbrauche ich hingegen mindestens 4 Gels nach einer ähnlichen Taktung. Also ich nehme lieber wenig zu mir und dafür öfter. Das verträgt mein Magen am besten. Von isotonischen Getränken und Cola lasse ich während dem Lauf ebenfalls die Finger. In Frankfurt oder Köln gab es einen Redbull Stand an der Strecke, der kostenlos sein Getränk verteilt hat. Die allermeisten Läufer (inklusive mir) haben einen großen Bogen darum gemacht, weil Energy-Drinks zwar für einen kurzfristigen Leistungskick sorgen können, sie euch aber auch schnurstracks aufs Klo schicken können. In diesem Sinne: Frohes testen!
Nach dem Wettkampf

Am besten alles und davon viel! Spaß beiseite. Meistens ist es bei mir so, dass ich direkt nach dem Wettkampf überhaupt keinen Hunger habe. Das Adrenalin und die Glückshormone schießen durch mich durch und unterdrücken mein Hungergefühl. Auf etwas richtig schönes zu Essen freue ich mich nach einem erfolgreichen Wettkampf allerdings doch sehr. Da darf es dann auch gern Mal eine Pizza sein, Veggie-Burrito, Gebratene Nudeln oder Reis. Eben einfach worauf ich gerade Lust habe. Nachtisch darf natürlich auch nicht fehlen. Dennoch artet das ganze nicht zur totalen Völlerei aus. Denn mein Magen ist und bleibt leider empfindlich. Egal ob vor, während oder nach dem Sport. Daher mein Credo: Sich ab und an was Gönnen und vielleicht auch mal über die Stränge schlagen ist völlig ok, solange man sich zu 80 bis 90 Prozent der Zeit gut und ausgewogen ernährt. Das gute am vielen Laufen ist, dass ich seit Jahren keine Kalorien mehr zählen muss, es sei denn ich will es. Früher, als ich noch sehr unsportlich war, war auch mein Stoffwechsel auf keinem guten Level. Seit dem vielen Ausdauertraining in Kombi mit Krafttraining läuft mein Stoffwechsel rund und nicht jede Kleinigkeit landet direkt auf den Hüften. Das hat meine Einstellung zum Essen nachhaltig geändert.
"Die Entdeckung einer neuen Speise fördert das Glück der Menschheit mehr als die Entdeckung eines neuen Sterns." - Anthelme Brillat-Savarini
Das war also ein kleiner Einblick in meine grundsätzliche Ernährung und die während meiner Wettkämpfe. Ich kann nur nochmal betonen, dass das Thema Ernährung sehr komplex ist. Es gibt kaum allgemein gültige Aussagen, die für jeden gleich gut funktionieren. Man muss für sich selbst einen Weg zu einer gesunden Ernährungs- und Lebensweise finden. Man muss offen und neugierig für dieses Thema bleiben. Was vor zehn Jahren mal für gut befunden wurde, kann mit dem Wissen von heute vielleicht komplett widerlegt werden. Bestes Beispiel dafür ist die Entwicklung hin zur pflanzlichen Ernährung. Was haben die Leute damals Alarm geschlagen wenn man aufgehört hat Fleisch und Fisch zu essen und vegetarisch gelebt hat. "Das macht dich krank!" "Kind du bekommst Mangelerscheinungen!" Gleiches gilt heute für die vielen Menschen, die sich vegan ernähren. Auch ihnen wird vorgeworfen mit dieser Ernährung sich und ihrem Körper oder ihrer Leistungsfähigkeit zu schaden, dabei ist eher das Gegenteil der Fall. Dazu muss man sich nur die vielen veganen Ultraläufer ansehen. Man kann und muss nicht von einen auf den anderen Tag sein komplettes Leben umkrempeln, aber man sollte auf jeden Fall neue Dinge testen und sich nicht stur am altbewährten festhalten. Denn dann könnte man wirklich viel verpassen! Also wenn ihr bereits eine für euch gut funktionierende, gesunde Ernährungsform gefunden habt: Super! Und diejenigen, die sie noch nicht gefunden haben: Fangt an! Macht euch auf die Suche! Testet aus, was euch gut tut und womit ihr gut klar kommt. Und zwar nicht für ein paar Wochen (die guten alten guten Vorsätze alle Jahre wieder), sondern am besten ein Leben lang.
Liebste Laufgrüße
Eure Julia
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