Endgegner: Marathon

Früher war es Bowser, heute sind es 42,195 kIlometer

Als Kind habe ich es geliebt zu zocken! Vorwiegend auf meinem Super Nintendo oder Nintendo 64. Mein absolutes Lieblingsspiel? Der gute alte Super Mario. Durch wie viele Level und Welten ich mich mit dem tapferen kleinen Klempner gekämpft habe? Es waren viele. Und unzählige Gegner haben wir auf unserem gemeinsamen Weg platt gemacht. Die meisten davon problemlos. Einer war da immer die große Ausnahme: der Endgegner. Der Superbösewicht, Bowser. Um ihn zu besiegen brauchten wir vor allem eins: Mut und Durchhaltevermögen. Denn allzu oft, wenn wir dachten, wir hätten ihn längst besiegt, tauchte er plötzlich wieder auf und war noch stärker. Gezockt habe ich schon lange nicht mehr. Heute heißt mein Endgegner nicht mehr Bowser, sondern Marathon. Am Sonntag will ich mich ihm erneut stellen. Und das, obwohl ich ihn doch schon zweimal besiegt habe. Ein Erklärungsversuch...

"Wenn du laufen willst, lauf eine Meile. Wenn du ein neues Leben kennenlernen willst, dann lauf Marathon." -Emil Zátopek

"Warum willst du dir sowas antun?",  "Das ist doch Irrsinn!", "Du bist doch nicht mehr ganz normal.", "Echt, du willst 42 Kilometer laufen? Respekt!", "Wird das Gelaufe nicht irgendwann mega-langweilig?", "Ich könnte das ja nicht.", "Das ist doch Zeitverschwendung."

Die Reaktionen darauf, dass man plant an einem Marathon teilzunehmen, sind vielfältig. Sie bilden nahezu das komplette Spektrum menschlicher Emotionen ab. Reichen von heller Begeisterung, bis hin zu Ignoranz, Unverständnis und ja, manchmal sogar auch Wut. Glücklicherweise war der Großteil der Reaktionen, die ich erlebt habe doch eher von Neugier geprägt und positiv besetzt. Schon allein der Plan sich einer solchen Tortur aussetzen zu wollen, schien mich plötzlich bei einigen Personen auf eine höhere Respektsstufe zu heben. Marathon, ist ein imposantes Wort. Es gleicht einem Mythos. Viele Geschichten ranken sich um ihn. Geschichten von unbändigem Glück, aber auch von Versagen und Schmerzen. Ich las vor meinem ersten Marathon sehr viele Erfahrungsberichte und Bücher. Ich wollte auch meinen Kopf so gut wie möglich auf das vorbereiten, was da auf mich zukommt. Am Ende musste ich einsehen, dass alle Bücher dieser Welt, mich nicht darauf hätten vorbereiten können, wie ich mich ab Kilometer 30 fühlte. So sehr ich das Laufen liebe, in der zweiten Hälfte des Marathons kämpfe ich. Ab Kilometer 30 wird aus Liebe oft Verzweiflung und ab Kilometer 35 auch manchmal Wahn. Trotzdem trete ich am kommenden Sonntag erneut an. Diesmal in Frankfurt zum dritten Mal insgesamt. Warum? Lasst mich euch einen kleinen Einblick in die Gedanken während meines ersten Marathonlaufs 2015 gewähren. Die Frage nach dem "Warum" wird dadurch vielleicht nicht komplett beantwortet. Aber zumindest die Frage: Warum nicht?

 

Kurz vor dem Start

Soll ich mich noch ein drittes Mal an den Toiletten anstellen? Jetzt, reiß dich zusammen. Das ist alles nur in deinem Kopf. Du kannst gar nicht schon wieder aufs Klo müssen. Das ist nur die Aufregung. Ich schaue Tobi an. Ich sehe, dass er mindestens genauso nervös ist wie ich. Vor einem Jahr standen wir auch hier unten vor der Rheingoldhalle und warteten auf den Startschuss. Da lag zwar nur die halbe Distanz vor uns, aber nervös waren wir dennoch. Die volle Distanz macht uns ungefähr doppelt so nervös. Unser Training ist nicht gerade optimal verlaufen. Wir beide hatten unsere Probleme. Aber nein, jetzt bloß keine negativen Gedanken. Alles was war, ist jetzt egal. Jetzt kannst du nur noch versuchen dein Bestes zu geben. Und wenn nichts mehr hilft, heißt es eben: Backen zusammenkneifen. Immerhin regnet es heute nicht, so wie bei bisher allen vorigen Wettkämpfen. Oh Gott, der Countdown geht los, mein Herz springt gleich aus meiner Brust heraus. So fühlt es sich zumindest an. Die Masse setzt sich in Bewegung. Erst langsam und dann immer bestimmter. Tobi und ich geben uns einen letzten Kuss und wünschen uns Glück. Schon nach ein paar hundert Metern verliere ich ihn in der Menge und werde ihn lange Zeit nicht wiedersehen. Laute Musik begleitet mich auf den ersten Metern der Strecke. Es ist schon viel Publikum da. Ich bin guter Dinge. Ich kann das schaffen.

KIlometer 5

Ich habe meinen Rhythmus gefunden. Es läuft. Ich laufe mit der großen Masse der Freizeitläufer. Mein Tempo befindet sich im mittleren Bereich. Aber heute geht es mir auch nicht um irgendwelche Zeiten. Ich will nur ankommen. Ich will es nur über die Ziellinie schaffen und mir dort meine erste Marathon-Medaille abholen. Der Gedanke daran lässt kleine Schmetterlinge durch meinen Bauch fliegen. Ich bin glücklich. Mehr als ein halbes Jahr habe ich auf diesen Moment hingearbeitet. Heute wird sich alles auszahlen. Heute muss sich alles auszahlen. Ich habe alles dabei was ich brauche. Ich bin ausreichend versorgt. Genug Wasser gibt es an den Verpflegungsstellen an der Strecke. Also alles gut. Du musst nur laufen. Wie ein Uhrwerk. Einen Fuß vor den anderen. Wildfremde Menschen sprechen mir Mut zu. Sie lesen meinen Namen von der Startnummer ab. Ich klatsche Kinderhände ab und genieße die Stimmung auf der Strecke. So kann es weitergehen.

Kilometer 12

Das erste Gel muss her. Ich habe zwei dabei. Den restlichen Bedarf sollen Bananen decken. Die gibt es an der Strecke. Ich habe vor meinem ersten Marathon das Thema "Verpflegung während des Laufens" nur sehr stiefmütterlich behandelt. Ich bin eben doch ein Rookie. Das soll sich noch rächen... Das Gel ist zähflüssig. Ich schlucke es nur widerwillig herunter. Würde ich mich nicht in dieser Ausnahmesituation befinden, würde ich dieses fies klebrige Zeug niemals anrühren. Hoffentlich wirkt es wenigstens so wie es soll. Nach ein paar Minuten merke ich, wie es wieder runder läuft. Das Gel scheint also zu wirken. Ich habe wieder etwas mehr Energie. Es kann weitergehen. Ich fange an, mir kleine Meilensteine zu setzen. Die nächste Verpflegungsstation, die Neustadt, das Theater. Ich versuche die lange Strecke, die noch vor mir liegt in viele kleine Strecken zu zerteilen. Ich versuche meinen Kopf zu überlisten. Es funktioniert ganz gut. Aber noch bekomme ich auch so genug Ablenkung. Viel Publikum, dort eine Band, da eine Trommlergruppe. Es ist was los in Mainz.

Kilometer 21

Halbzeit! Eigentlich ein schöner Moment. Aber jetzt gerade auch irgendwie ein bitterer. Denn in Mainz ist es nunmal so, dass der Marathon aus zwei Runden besteht. Die erste Runde läuft man komplett zusammen mit den Halbmarathonis. Wenn man diese dann glücklich ins Ziel einlaufen sieht, geht es für einen selbst links vorbei am Ziel auf die zweite Runde um den Marathon zu komplettieren. Während man die fröhlichen Läufer im Ziel beobachtet, fragt man sich zumindest für einen kurzen Moment, warum zur Hölle man unbedingt die volle Distanz laufen wollte. Ich könnte jetzt auch bereits im Ziel sein. Mich freuen. Jubeln. Mein Siegerweizen wegzischen. Natürlich alkoholfrei. Ach Schluss mit dem Gejammer. Du bist die halbe Distanz schon zweimal gelaufen. Das ist doch keine Herausforderung mehr. Es ist Zeit für Größeres! Also auf in die zweite Runde. Neben mir läuft eine Erdingerflasche. Nein, ich habe noch keine Halluzinationen. Neben mir läuft tatsächlich ein als Erdingerflasche verkleideter Mensch. Und er läuft nicht nur neben mir. Nein, er läuft an mir vorbei. Er überholt mich. Super Art die zweite Runde zu starten. Wenn einen sogar ne verdammte Flasche überholt...

„Das wahrhaft Mächtige ist dein Geist, denn dein Körper gibt meist bei Kilometer 30 auf, und dann ist es an deinem Geist, den Rest zu schaffen.“ -Paula Radcliffe

Kilometer 30

Die letzten Kilometer schienen schier endlos zu sein. In der kargen Einöde von Mainz-Kastel, der "Ebsch Seit", läuft es sich schon unter normalen Umständen nicht gerade schön. Aber nach mehr als 25 Kilometern, möchte man sich in dieser gottverlassenen Gegend einfach nur in den nächsten Graben stürzen. Wenn da denn einer wäre. Aber immerhin habe ich diesen furchtbar tristen und langweiligen Streckenabschnitt nun hinter mir gelassen. Ich bin über die Theodor-Heuss-Brücke auf dem Rückweg zur anderen Seite. Meiner Seite. Das Feld hat sich mittlerweile sehr auseinander gezogen. Zwischenzeitlich frage ich ich mich, ob ich wohl die letzte Läuferin im Feld bin. Sogar den gefürchteten Besenwagen habe ich auf der Gegenspur gesehen, als ich Mainz-Kastel verlassen habe. Psychologisch der Supergau! Dem Feind direkt ins Auge geblickt. Du wirst mich nicht einholen. Du wirst mich nicht von der Strecke fegen. NIEMALS! Und wenn ich dir davon krieche. Nun bin ich soweit gekommen. Es ist nicht mehr so viel Publikum da wie am Anfang. Aber für die, die da sind, bin ich unendlich dankbar. Sie klatschen wenn ich sie passiere. Sie sprechen mir Mut zu. Versuchen mich aufzubauen. Und das, obwohl ich nicht einen von ihnen kenne. Das berührt mich. Aber so sehr sich mein Kopf auch über den Zuspruch freut, meine Schritte werden immer schwerfälliger. Der Mann mit dem Hammer sitzt mir im Nacken und lauert. Ich versuche mich selbst auszutricksen indem ich mich auf die Zielgerade träume. Doch sie ist noch endlos weit entfernt.

Kilometer 38

Ich spüre jeden einzelnen Muskel in meinem Körper. Jede Zelle meines Körpers schreit: "Bleib stehen!" Und obwohl es keinen logischen Grund gibt weiterzulaufen und mir alles weh tut - der Nacken, das Steißbein, die Waden, die Oberschenkel, sogar meine Finger - laufe ich doch weiter. Ich könnte stehen bleiben, wenn ich es wollte. Es steht ja niemand mit der Knarre hinter mir und zwingt mich. Aber... ich will nicht aufhören. Schon seit einigen Kilometern laufe ich nicht mehr mit den Beinen, sondern mit meinem Kopf. Dieses Gefühl ist schwer zu beschreiben. In meinen Trainingsläufen bin ich nie weiter als 30 Kilometer gelaufen. Aber jenseits dieser Grenze liegt eine andere Welt. Das mag befremdlich klingen. So klingt es zumindest für mich, während ich es schreibe. Man muss es erlebt haben um es wirklich zu verstehen. Tobi habe ich vor ein paar Kilometern plötzlich wiedergefunden. Ich wäre mit meinen Tunnelblick fast an ihm vorbei gelaufen ohne es zu merken, als er plötzlich rief "Hey, Schatz!". Er sah genauso aus, wie ich mich fühlte. Wir gingen ein Stück gemeinsam und versuchten uns gegenseitig aufzubauen. Ihn hatte der Mann mit dem Hammer ebenso wenig verschont wie mich. Wir liefen den Rest der Strecke nicht gemeinsam zu Ende. Jeder muss sein eigenes Tempo laufen. Gerade an so einem kritischen Punkt. Und wider Erwarten, hatte ich noch ein paar mehr Reserven als Tobi, der mich sonst immer abhängte. Als ich das Schild mit der 38 sehe, freut sich der eine Teil in mir riesig. Der andere Teil ist sich ganz und garnicht sicher ob wir diese vier Kilometer noch schaffen werden. Sonst sind vier Kilometer ein Witz für mich. Während dieser Phase des Marathons scheinen sie fast unüberwindbar.

Kilometer 41

Ich habe den ganzen Lauf über vergeblich auf ein Runner's High gewartet. Ich hatte bei meinem ersten Halbmarathon 2013 das Glück eins zu erleben. Plötzlich fühlte sich alles ganz leicht an. Man fliegt nur so dahin. Gerade während der letzten 10 Kilometer hätte mir das sicher gut getan. Aber eigentlich ist das jetzt auch egal. Denn ich laufe auf den letzten Kilometer zu. Tatsächlich. Plötzlich steht da auf dem Schild 41. Und es stehen Menschen am Rand, die mir sagen "Gleich hast du es geschafft." Ich beginne es zu realisieren. Das ist der letzte Kilometer von 42,195 Kilometern. Ich werde es schaffen. Nun hält mich nichts mehr auf. Das Gefühl, das sich in dem Moment in mir ausbreitet ist zwar kein Runner's High, aber nicht minder berauschend. Wenn ich versuchen will es zu beschreiben, kommen mir Wörter wie "hochkonzentriertes Glück" und "unbändige Freude" in den Sinn. Ich schwebe zwar nicht, aber meine Schritte tun plötzlich nicht mehr so weh, wie noch vor ein paar Metern. Selbst meinen rebellierenden Magen vergesse ich von einer zur anderen Sekunde. Dieser letzte Kilometer wiegt tatsächlich all den Schmerz der letzten 15 Kilometer auf. Das ist nicht logisch, das ist Marathon.

Zieleinlauf

Nachdem ich die Augustinergasse komplett bis zum Ende durchgelaufen bin, sagt plötzlich eine Frau zu mir: "Nur noch da vorne links und dann bist du auf der Zielgeraden." Sie strahlt mich an. Und ich strahle zurück oder versuche es zumindest. Bei so großer körperlicher Anstrengung können einem schon mal die Gesichtszüge entgleisen. Aber die Zuschauer wollen schließlich auch was zu lachen haben. Das Gefühl als ich auf die Zielgerade einbiege ist dann tatsächlich unbeschreiblich. Worte wie Glück und Freude reichen nicht aus um es zu beschreiben. Es ist wie 100 Konfettikanonen, die jemand gleichzeitig abschießt. Tanzende Einhörner, die mit Zuckerwatte werfen. Wie ein Dutzend Katzenbabies, die auf dir herumtapsen. Es ist all das und noch mehr. Wenn du das Ziel vor dir siehst, ist es so als würdest du deinen Körper für einen kurzen Moment verlassen und dich selbst dabei beobachten wie du die letzten Meter zurücklegst. Du beobachtest deine zwar etwas schweren, aber dennoch bestimmten Schritte und bist... glücklich. Das einzige was diese Gefühl noch toller machen kann, ist der Moment in dem du deine Liebsten siehst, wie sie kurz vorm Ziel auf dich warten, dich plötzlich sehen, deinen Namen rufen und für dich jubeln. Ich sah dort meine Eltern und meine Schwester, die sich glaube ich mindestens genauso freuten mich zu sehen, wie ich mich freute sie zu sehen. Für sie ist es manchmal schwer nachzuvollziehen, dass dieser eine kleine Moment in dem ich sie an der Strecke sehe, die Welt für mich und mein kleines Läuferherz bedeutet. Ich schwebe, fliege, rase gefühlt an ihnen vorbei, klatsche ab. Es spielt laute Musik. Der Moderator sagt meinen Namen. Ich reiße die Arme hoch. Ich laufe über die Ziellinie. Ich habe es tatsächlich geschafft. Wenige Sekunden später hängt die so hart erkämpfte Medaille um meinen Hals und ihr Gewicht fühlt sich fantastisch an. Ich falle meinen Eltern in die Arme und ringe um Fassung. Ich bin kaum in der Lage einen geraden Satz heraus zu bringen. Da ist einfach gerade zu viel Gefühl, zu viel Körper und zu viel Erschöpfung. Tobi kommt ein paar Minuten nach mir. Abgekämpft, aber nicht minder glücklich. So schnell ist es also vorbei. Wobei "schnell" natürlich relativ ist. Ich war etwas weniger als fünf Stunden unterwegs. Das ist nicht gerade schnell, aber rückblickend war es dann doch wieder nur ein kurzer Moment in dem man sich quälen musste. Das Gefühl und der Stolz danach dauern tatsächlich viel länger an.

„Beim Laufen passieren im Kopf bisweilen die erstaunlichsten Dinge.“ -Joschka Fischer

Obwohl mein erster Marathon nun schon eineinhalb Jahr her ist, sind die Erinnerungen an in diesen Tag so bunt und präsent, als wäre ich ihn erst gestern gelaufen. Ich habe nichts geschönt, sondern den Lauf genauso so beschrieben, wie ich ihn empfunden habe. Himmel und Hölle. Er war beides. Er hat mir viel abverlangt. Was ich zurück bekommen habe, wiegt das jedoch auf. Der Marathon hat mich verändert. Zu meinem Körper hat mich schon immer mehr Hass als Liebe verbunden. Ich bin ständig von einem Extrem zum anderen geschwankt und mich selbst wirklich zu akzeptieren, habe ich nie geschafft. Bis zum Marathon. Wenn du für einen Marathon trainierst, müssen Kopf und Körper zusammen arbeiten. Nicht nur das. Am Ende müssen sie eine Einheit bilden. Wenn du mit dir selbst haderst, legst du dir nur unnötige Steine in den Weg. Es hat lange gedauert, aber irgendwann, habe ich angefangen meinen Körper zu akzeptieren. Mehr sogar. Ich war stolz auf das, was er imstande ist zu leisten. Und mit dem Überschreiten der Ziellinie beim Marathon, war es so, als ob ich und mein Körper uns endlich komplett ausgesöhnt hätten. Ich stelle ihn seither nicht mehr infrage, wie ich das vorher getan habe. Auch wenn mein Körper niemals dem Ideal entsprechen wird - vor allem nicht dem Ideal eines drahtig dünnen Läufers - ist mir das mittlerweile völlig egal. Dieser Körper hat mit mir 42,195 Kilometer Höhen und Tiefen durchgestanden und niemals den Dienst quittiert. Dafür kann ich ihn nur lieben. 

Jeder Marathon erzählt eine andere Geschichte. Für jeden einzelnen Läufer. Dies sind meine persönlichen Erlebnisse und anderen Läufern mag anderes widerfahren sein, aber bei einer Sache bin ich mir ziemlich sicher. Ein Marathon bringt jeden Menschen am Ende ein kleines Stück näher zu sich selbst. Was du dann daraus machst, bleibt dir überlassen.

Was kommt nach dem Endgegner?

Ich, wenige Minuten nach dem Zieleinlauf meines ersten Marathons in Mainz 2015.
Ich, wenige Minuten nach dem Zieleinlauf meines ersten Marathons in Mainz 2015.

Nach dem großen, gefürchteten Endgegner war das Spiel auf der Konsole meist vorbei. Nach dem Marathon mag das eigentliche Rennen zwar vorbei sein, aber das Spiel geht weiter. Natürlich freue ich mich direkt nach dem Marathon erstmal riesig auf die Regeneration. Oder anders gesagt: aufs Faulenzen. Wenigstens ein oder zwei Wochen gönne ich mir das dann mal. Wobei ich meistens schon in Woche zwei die Füße kaum noch stillhalten kann. Ich liebe das Laufen eben einfach! Wenn dann erst mal ein paar Tage vergangen sind, reizt mich vor allem eins: mir neue Ziele zu setzen. Nach meinem ersten Marathon stand der erste Trail-Run für mich an. Ich hatte einfach Lust das Genre zu wechseln. Ein Jahr darauf lief ich dann meinen zweiten Marathon mit dem Ziel mich zeitlich zu verbessern. Geklappt hat das leider nicht. Und nun steht also Marathon Nummer 3 vor der Tür, auf den ich mich riesig freue. So ist es eben manchmal mit dem Endgegner. Wenn man ihn erstmal besiegt hat, wird man fast ein bisschen wehmütig und wünscht sich, dass er sich doch nochmal aufrafft und einen erneut herausfordert. Ganz so wie der gute alte Bowser es immer wieder getan hat. Und wer weiß. Vielleicht war es ja am Ende gar nicht der ultimative Endgegner, sondern du erreichst nur das nächste Level und der richtige Superschurke wartet noch auf dich. Ich werde weiter nach meinem persönlichen Endgegner suchen und vielleicht ist es ja mein erster Ultra-Marathon, den ich im Januar 2017 bestreiten werde...

 

Liebste Laufgrüße

Eure Julia

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Kommentare: 2
  • #1

    Pascal (Mittwoch, 26 Oktober 2016 09:58)

    Hallo Julia, ich habe es sehr genossen, deine Zeilen zu lesen. Viele der Momente hat wohl jeder durchlebt. Ich habe bei keinem anderen Lauf soviel unterschiedliche Gemütszustände durchlaufen. Von heulen bis lachen war alles dabei. Deshalb bin ich dabei. Gruß Pascal

  • #2

    Hanna Loho (Donnerstag, 02 November 2017 19:00)

    Gerade habe ich dein Beitrag gelesen und bin total hin und weg...wircklich toll geschrieben