Wettkampfvorbereitung

Wie trainiere ich für einen Halbmarathon? 

Bei mir ist es am Sonntag - also bereits morgen - mal wieder soweit:

21,0975 Kilometer bis zum Glück! Diesmal laufe ich in Köln. Ich habe schon viel von der mega Stimmung dort gehört und freue mich daher riesig! Ein detaillierter Laufbericht folgt nächste Woche. 

Heute möchte ich euch von meiner bisherigen Halbmarathon-Laufbahn erzählen und wie ich dafür trainiert habe. Vielleicht überlegt ihr ja gerade selbst an einem teilzunehmen. Im Frühjahr warten wieder einige tolle Veranstaltungen. Also seid gespannt...

 

"Der Anfang ist die Hälfte des Ganzen." - Aristoteles

Meinen ersten Halbmarathon bin ich 2013 in Koblenz gelaufen. Ich erinnere mich noch genau an diesen Tag. Es hat geschüttet wie aus Eimern und mein erster Gedanke beim Blick aus dem Fenster am Morgen war: "Scheiße, warum hast du dich bloß dafür angemeldet?! "  Zusammen mit Tobi hab ich mich auf den Weg von Koblenz nach Boppard gemacht, wo der Lauf starten sollte. Es waren massig Leute unterwegs, aber dennoch kam durch das miese Wetter erstmal kaum Stimmung auf. Bereits vor dem Start waren wir klatschnass geregnet. Ich bin wirklich kein Pienzer, aber wir reden hier von "Ich war gerade ne Runde Schwimmen"-klatschnass. Als dann gegen 10.00 Uhr endlich der Startschuss fiel, lief ich nur mit dem Gedanken los "Nix wie nach Hause ins Trockene!"

Da es mein erster richtiger Wettkampf war, war ich natürlich viel zu bepackt (man könnte ja verdursten oder verhungern) und mein Schuhwerk ließ zu wünschen übrig (ca. 6 Jahre ausgelatschte Laufschuhe). Ich war vorher noch nie weiter als 17 Kilometer gelaufen und als ich diese, für mich magische Grenze überschritten hatte, war klar: jetzt schaffe ich es! Und das tat ich auch. Nach knapp 2 Stunden und 25 Minuten lief ich freudestrahlend über die Ziellinie. Moment, freudestrahlend? Ja, ihr lest richtig. Vom anfänglichen Missmut im Regen zu laufen war nichts mehr übrig. Meine Stimmung hatte sich komplett gewandelt. Gegen Ende war ich nur noch high vom Laufen. Auch wenn ich nach dem Lauf natürlich fix und fertig war: die Erinnerung an dieses Hochgefühl hat sich eingebrannt und jedesmal wenn ich das Bild von damals sehe kribbelt es direkt wieder in meinen Füßen. 

„Halbe Strecke, doppelter Spass!“

In den Jahren danach bin ich dann in Mainz (2014) und Berlin (2016) gelaufen. 2015 hab ich nicht gefaulenzt, sondern meinen ersten Marathon bestritten, aber dazu erzähle ich euch in einem anderen Post mehr. Ich habe Gefallen an der "halben Strecke" gefunden, weil der Spaßfaktor für mich da einfach größer ist. Im Gegensatz zum vollen Marathon zehrt es nicht so und ich habe danach noch genug Energie, um meinen Triumph auch gebührend zu feiern!

Aber wie genau trainiert man nun für so eine Distanz? Natürlich findet ihr im Internet reichlich Empfehlungen und Trainingspläne. Das hier ist also lediglich mein persönlicher Bericht, wie ich mich auf einen Halbmarathon vorbereite. 

1. Bestandsaufnahme

Bevor ich mich überhaupt dazu entschieden habe einen Halbmarathon zu laufen, hatte ich schon einige Kurzstrecken-Wettkämpfe  à 5 km hinter mir. Laufveranstaltungen waren mir also nicht gänzlich fremd. Grundsätzlich empfehle ich daher jedem sich erstmal kleinere Ziele, wie 5 oder 10 km Wettkämpfe zu setzen, bevor man dann mit dem ersten Halbmarathon durchstartet. Natürlich gibt es auch Naturtalente für die so kurze Distanzen keine richtige Herausforderung sind, aber das allerwichtigste ist, dass du ehrlich zu dir bist, was deinen aktuellen Trainingsstand anbelangt. 

Innerhalb weniger Wochen von 0 auf 21 zu trainieren kann das Verletzungsrisiko erhöhen und wenn du am Ende hinter deinen eigenen Erwartungen zurückbleibst folgt meist erstmal Lauffrust statt -lust.

Für meinen ersten Halbmarathon habe ich rückblickend betrachtet, eindeutig zu wenig trainiert. Oder besser gesagt: ich habe mein Training nicht fokussiert und nicht die richtigen Trainingsreize gesetzt. In den Jahren danach habe ich mein Training verfeinert und somit auch von Mal zu Mal mehr Spaß auf der Strecke gehabt. 

2. Training

Ich habe mir für den Einstieg ins Halbmarathon-Training erstmal ein Buch besorgt, das mir aber ehrlicherweise nicht sonderlich viel geholfen hat. 

Was mir hingegen gut geholfen hat sind Online-Trainingspläne. Diese findet ihr zahlreich im Internet, z.B. auf Runnersworld. Dort habt ihr sogar die Option aus verschiedenen Zielzeiten zu wählen, je nachdem, was ihr euch ausgehend von eurem aktuellen Trainingslevel zutraut. 

Um am Ende gut durchzukommen solltet ihr auf jeden Fall drei bis vier Trainingseinheiten pro Woche einplanen. Ich habe auch manchmal fünf gemacht wenn ich hochmotiviert war und in einer stressigen Woche hingegen nur mal drei. Macht euch nicht verrückt! Für mich stand und steht der Spaß am Laufen immer an erster Stelle, noch vor irgendwelchen PBs (Laufslang für persönliche Bestzeit). 

Grundsätzlich ist es aber wichtig euren Körper und vorallem euren Kopf auf die langen Distanzen vorzubereiten. Also wenn ihr mal einen Lauf ausfallen lasst: dann lieber einen kurzen als einen langen (ab 10 km aufwärts). Auf den längeren Einheiten ist eure Zeit eher zweitrangig. Vielmehr geht es darum, euren Körper an die lange andauernde Belastung zu gewöhnen. Euer Körper muss lernen die entsprechenden Energiereserven für einen langen Lauf zur Verfügung zu stellen und alle anderen Prozesse, wie z. B. eure Verdauung, runter zu fahren. 

Ich habe bei meinem ersten Halbmarathon das Training sechs Monate vor dem Wettkampf gestartet. In den Jahren danach habe ich das fokussierte Training jeweils 3 Monate vor dem Wettkampf gestartet. Aus dem einfachen Grund, weil ich da ohnehin schon gut im Training war und nicht mehr bei Null starten musste. Plant euch also genug Zeit vor eurem ersten großen Halbmarathon ein, um ein Trainigslevel zu erreichen mit dem ihr euch wohl und sicher fühlt für den großen Tag. Das erhöht den Spaßfaktor beim Lauf um ein vielfaches! 

3. Ernährung

Aus meiner Sicht ist die richtige Ernährung genauso wichtig, wie ein ausreichendes Training. In meinem Fall ist es sogar ein besonders sensibles Thema, da ich unter RDS (Reizdarmsysndrom) leide und mich heftige Schübe im Training weit zurückwerfen können. Ich beneide jeden, der einen robusten Magen hat, da dies das Laufen von langen Strecken auf jeden Fall einfacher macht. Viele Läufer kämpfen mit Magenproblemen und sicher hat der ein oder andere von euch das Drama beim diesjährigen 50 km Gehen der Olympischen Spiele mit verfolgt, bei dem der Führende mit Magenkrämpfen und Durchfall erst kollabiert und danach dennoch weiter gelaufen ist. Sowas ist natürlich der absolute Worst Case. 

Das Gute ist: man kann während der Trainingsphase viel dafür tun, um am Wettkampftag ernährungstechnisch auf der sicheren Seite zu sein. Wie jeder andere musste ich da nach dem altbekannten Prinzip "Versuch und Irrtum" vorgehen. Ich habe also unheimlich viele Gels, Riegel und Obst ausprobiert um zu testen, was ich während eines Laufs am besten vertrage. Getränke wurden natürlich auch getestet. Für den Fall, dass sich unter meinen Lesern ebenfalls RDS-Geplagte befinden, verlinke ich euch gerne 2 Gels, die ich nach langer Testphase für gut verträglich befunden habe:

Bei den Getränken verlasse ich mich nur noch auf stilles Wasser. Iso- oder Energy-Drinks übersäuern meinen Magen zu sehr. Wenn das Ziel in absehbarer Nähe ist, genehmige ich mir davon vielleicht mal einen Schluck für den letzten Energieschub, aber wenn ich es vermeiden kann tu ich das, weil mein Magen es mir am Ende dankt. Also meine Empfehlung für euch: testet unbedingt während des Trainings aus, was ihr gut vertragt, was euch bei eurem Lauf schnell Energie bringt und was ihr einfach - auch im Laufschritt - verzehren könnt. Essen und trinken während des Laufens will gelernt sein. Am Anfang landet meist ein Großteil auf dem Laufshirt, aber Übung macht den Meister.

Wer viel Ausdauersport betreibt, kann und sollte natürlich auch ausreichend Kohlenhydrate zu sich nehmen. Auch hier gilt: nicht übertreiben! Gerade kurz vor einem Wettkampf ist es wichtig die Kohlenhydratspeicher durch Carboloading aufzufüllen. Während der Trainingsphase kann deine Ernährung hingegen so abwechslungsreich bleiben, wie du es gewohnt bist. Was mir beim Thema Ernährung sehr geholfen hat ist ein einfaches Bild: der beste Motor kann ohne ausreichend Benzin auch nicht laufen. Alles was du zu dir nimmst hat direkten oder indirekten Einfluss auf deine Leistungsfähigkeit. Also finde heraus, womit dein Motor rund läuft und versorge dich dann ausreichend damit!

4. Dranbleiben und durchziehen

Wir alle kennen ihn, wir alle hassen ihn: den inneren Schweinehund. Am Anfang ist die Motivation und Begeisterung fürs Training immer hoch, doch der Knackpunkt ist, die Motivation auf Dauer hoch zu halten und das Training auch in schwierigen Phasen nicht komplett hinten über fallen zu lassen. Ich habe solche schwierigen Phasen während des Trainings schon sehr oft erlebt. In der Vorbereitung für meine Läufe hatte ich plötzlich extreme Probleme mit dem rechten Knie. Dann hatte ich schlimme Schübe von meinem RDS, die mir das Laufen unmöglich gemacht haben und mich schnurstracks von meiner neuen schnellsten Pace (Laufeinheit: Minuten pro Kilometer) zurück zu einer mittelmäßigen Leistung geworfen haben. Solche Ausfälle sind - egal woher sie kommen - extrem frustrierend. Glücklicherweise habe ich es nach solchen Rückschlägen immer wieder geschafft mich zurück zu kämpfen und am Ende alle Wettkämpfe gemeistert, die ich mir vorgenommen habe. Vielleicht helfen euch also ein paar meiner Tipps durch ein Lauf-Tief hindurch:

  • Mach dich nicht verrückt! Idealerweise ist dein Training so aufgebaut, dass ein kleiner Rückschlag nicht das Ende der Welt bedeutet. Du musst vielleicht damit leben, dass du am Ende ein paar Minuten später über die Ziellinie läufst, aber der Wettkampf ist deswegen auf keinen Fall verloren.
  • Gönn dir soviel Ruhe, wie du brauchst, aber ruh dich nicht auf deinen Lorbeeren aus! Wenn man wirklich Probleme mit Magen, Knien, Rücken oder sonstige Wehwehchen hat, ist es auch legitim sich Ruhe zu gönnen. Aber mach es dir lieber nicht zu gemütlich, sondern setze dir nach deiner Genesung konkrete Deadlines und mach dir einen Plan um wieder ins Training zu kommen. 
  • Versuch nicht auf Biegen und Brechen da weiterzumachen, wo du aufgehört hast! Soll heißen: wenn du vor deiner Zwangspause bereits soweit warst 15 km locker in 1.30 h durchzulaufen, solltest du das nicht gleich beim ersten Training nach der Zwangspause wieder versuchen. Je nachdem was die Zwangspause verursacht hat, wurdest du in deiner Leistung zurück geworfen und solltest erstmal wieder mit 5 oder 10 km starten bevor du die nächsten langen Trainingseinheiten angehst. 
  • Es gibt kein schlechtes Wetter, nur schlechte Kleidung! Jaja, Omas Weisheiten. Aber gerade beim Laufen steckt da schon viel Wahrheit drin. Ich habe wie viele andere als "Schönwetterläufer" begonnen. Mittlerweile laufe ich sogar lieber im Herbst/Winter, weil mir extrem hohe Temperaturen im Sommer zu schaffen machen. Wenn es kalt ist kann ich immer noch ne Schicht drauflegen. Regen ist natürlich nervig, aber auch kein Hindernis wenn du wirklich laufen willst. Wenn es monsunartig wird, empfehle ich allerdings doch lieber den Tag für die Regeneration zu nutzen.
  • Zusammen läuft man weniger allein! Dein Partner-in-Crime holt dich sicher ganz schnell aus deinen Motivations- oder Form-Tiefs raus. Denn zusammen macht das Laufen gleich noch viel mehr Spaß. Ihr habt das gleiche Ziel? Noch besser! Dann könnt ihr euch über euer Training und eure Erfolge austauschen und das pusht ungemein. An dieser Stelle an Riesen-Dankeschön an meinen Partner-in-Crime: Tobi! :-* 

5. Feiern, Geniessen und neue Ziele stecken

Und dann ist er auch schon plötzlich da. Der GROSSE Tag! Meistens viel schneller als man gedacht hätte. Gerade erst hast du dich angemeldet und ZACK sind 6 Monate rum und nun stehst du an der Startlinie und schwankst zwischen "Wann geht’s endlich los?!" und "Scheiße, wer hat mich bloß dazu gebracht mich hier anzumelden."  Völlig egal, wie deine Vorbereitung gelaufen ist: FEIER DICH, WENN DU AN DEN START GEHST!

Denn schon alleine, dass du es durchziehen willst, ist großartig und viele werden sich das niemals trauen. Versuch dich in den letzten Minuten vorm Start nochmal zu fokussieren und dir möglichst viele positive Erlebnisse aus deiner Trainingszeit vor Augen zu führen. Und ganz wichtig: Visualisiere, wie du gleich über die Strecke düsen wirst. Die Zuschauer jubeln dir zu, deine Beine sind leicht, du entdeckst deine Lieben in der Menge und wirfst ihnen Kusshände zu. Je konkreter deine Vorstellung ist, desto besser! Denn dein Kopf ist neben deinen Beinen, dein wichtigstes Instrument für den Lauf. Eine positive Einstellung allein wird dich zwar nicht zu neuen Bestzeiten führen, aber sie wird dir das Laufen erleichtern und dich glücklich ins Ziel bringen. 

Genieß deinen Lauf! Genieß die Strecke, die Stimmung, die Zuschauer! Deine Zeit ist erstmal zweitrangig. Zumindest ist das mein Motto. Wenn du ein ausgeprägter Wettkampftyp bist, bist du wahrscheinlich enttäuscht, wenn du dein gestecktes Zeitziel nicht erreichst. Und ein bisschen enttäuscht zu sein ist auch ok. Aber lass dich davon nicht runterziehen. Jeder bestrittene Wettkampf ist ein Sieg. Gegen den Schweinehund und gegen alle deine Zweifler.

"Nach dem lauf ist vor dem Lauf!"

Wenn du nun also trunken vor Glück im Zielbereich rumhüpfst, dir die Klamotten vom Leib reißt und lauthals "We are the Champions" mitgrölst, ist genau jetzt der richtige Zeitpunkt über deine nächsten Laufziele nachzudenken. 

Vielleicht ist der Halbmarathon genau dein Ding und du willst versuchen deine Zeit auf dieser Distanz zu verbessern? Vielleicht willst du auch lieber erstmal zurück auf die kürzeren Distanzen gehen und dich an 5 oder 10 km Wettkämpfen versuchen? Oder aber du kannst gar nicht genug bekommen und dein nächstes großes Ziel ist dein erster Marathon! Egal, wie du dich entscheidest. Es wartet eine Fülle von Veranstaltungen aus denen du auswählen kannst. Im Internet gibt es etliche Laufkalender auf denen du dir gezielt neue Läufe raussuchen kannst. Oder du lässt dich von den zahlreichen schönen Laufblogs inspirieren. Dort findest du oft auch detaillierte Laufberichte und kannst dir somit gleich ein besseres Bild von deinem Wunschevent machen. Und wenn du nach deinem großen Lauf erstmal gar keine Lust aufs Laufen hast? Auch kein Problem! Dann wird eben erstmal gepflegt ne Runde gechillt und sicher freuen sich deine Liebsten, wenn du nun erstmal wieder mehr Zeit mit ihnen als mit deinem Trainingsplan verbringst. Mach das was dir gut tut und dich glücklich macht!

 

So,  meine Lieben, ich muss jetzt meinen Zug Richtung Köln erwischen, denn mein Halbmarathon startet morgen pünktlich um 8.30 Uhr und meine Startnummer wartet sicher schon sehnsüchtig darauf, dass ich sie abhole. Ich mache natürlich ganz viele Fotos und halte euch auf dem Laufenden.

 

Liebste Laufgrüße

Eure Julia

PS: Wenn euch das Thema Halbmarathon interessiert, kann ich euch dazu noch die Tipps von Mandy von GO GIRL! RUN! ans Herz legen. Das ist einer meiner Lieblings-Laufblogs und sie hat schon einiges zum Thema zusammengetragen. 

Weiter zu den Tipps von Mandy

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